Leseproben I
... Daß wir schlechte Luft hatten, kann man sich wohl vorstellen; von Luft kann in diesem Zusammenhang eigentlich nicht die Rede sein. Es war ein unbeschreiblicher Geruch, der aus abgestandener Luft, altem Rauch und faulem beziehungsweise schimmeligem Essen bestand.... Witzigerweise hatte sie immer Pflanzen in dem jeweiligen Zimmer, in dem wir lebten. Sie glaubte wohl, daß diese die Luft reinigen würden und dadurch ein Lüften nicht mehr nötig sei. Daß der Unrat eine Menge Fliegen anlockte, kann man sich lebhaft vorstellen. Besonders ganz kleine Fliegen, die sich überall hinsetzten und in jede Ecke kamen, hatten wir haufenweise. Mein Butterbrot konnte ich nur essen, wenn ich meine Hand ständig in Bewegung hielt, damit sich keine Fliegen darauf setzen konnten....
... Wie gesagt, der Tag der Kinderkommunion stand sehr lange fest. Ich kann es bis heute nicht glauben, doch erst einen Tag vorher begann sie aufzuräumen. Ich versuchte in meinem Zimmer zu schlafen, hörte sie aber die ganze Nacht bis in den frühen Morgen arbeiten. Sie brachte zunächst ein paar Müllsäcke herunter. Da wir aber das ganze Wohnzimmer und die Küche voller Müll hatten, steckte sie den Rest in mein Zimmer, das wir ja bis dahin gemeinsam bewohnten. Ich lag im Bett, hörte, wie sie schuftete und liebte sie sogar dafür, denn sie tat das alles nur für mich. Irgendwie kam es mir auf einmal so vor, als wären irgendwelche fremden Leute dafür verantwortlich, daß unsere Wohnung eine solche Müllhalde war, ganz so, als hätten andere ihren Müll bei uns abgeladen, und jetzt mußte meine arme Mutter diesen Dreck alleine in Ordnung bringen. Es tat mir in diesem Moment unendlich leid, daß ich nicht größer und vor allem kräftiger war, um ihr zu helfen.